Stell dir vor, dein Kind hat aufgrund einer chronischen Erkrankung, Entwicklungsstörung, Behinderung oder anderen Beeinträchtigung seines Gesund dheitszustandes Schwierigkeiten in der Schule. Wie kannst du sicherstellen, dass es dennoch die gleichen Chancen hat wie seine Mitschülerinnen und Mitschüler? Ein Nachteilsausgleich kann hier eine entscheidende Unterstützung bieten. Ich habe die Psychologin Christiane Fügemann zum Thema “Nachteilsausgleich in der Schule – Was ist das?” interviewt.
Inhaltsübersicht
Was ist ein Nachteilsausgleich an einer Schule?
Ein Nachteilsausgleich ist eine besondere Regelung, die Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten zugutekommt. Ziel ist es, die durch die Behinderung oder Krankheit entstehenden Nachteile oder Mehraufwendungen auszugleichen. Dies kann durch gezielte Hilfestellungen oder Unterstützungsmaßnahmen wie Zeitzugaben, den Einsatz technischer Hilfsmittel oder die Anpassung von Aufgaben geschehen.
Wer hat Anspruch auf einen Nachteilsausgleich?
Ein Nachteilsausgleich kann für Kinder mit einer festgestellten (ärztlich attestierten) chronischen Erkrankung, einer Behinderung oder auch bei vorübergehenden Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes beantragt werden. Der Nachteilsausgleich ist eine pädagogische Entscheidung und wird von der Klassenkonferenz oder der Schulleitung genehmigt.
Welche Vorteile hat ein Nachteilsausgleich für Kinder mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten?
Durch den Nachteilsausgleich werden die Kinder in ihrer Teilhabe am Schulleben und im Lernprozess unterstützt. Zunächst einmal hat Schule den Auftrag, Kinder entsprechend ihrer persönlichen Voraussetzungen. Stellt sich jedoch heraus, dass trotz dieser Förderung Leistungen nicht entsprechend der Begabung erbracht werden können, wird ein Nachteilsausgleich gewährt. Ein Nachteilsausgleich ist eine pädagogische Entscheidung und wird von der Klassenkonferenz/ der Schulleitung genehmigt. Im Anschluss wird der Beschluss in der Schulakte notiert, damit transparent ist, dass alle Lehrkräfte diesen berücksichtigen müssen. Das Kind ist somit nicht auf die “Meinung” oder ein “Goodwill” einer Lehrperson angewiesen.
Wann kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden?
Einen Nachteilsausgleich können Familien jederzeit beantragen, wenn sie bemerken, dass ihr Kind behinderungsbedingte Schwierigkeiten hat, sich in der Schule zu behaupten. Es gibt keine vorgeschriebene Frist, innerhalb der man einen Antrag stellen muss. Allerdings sollten sich Familien so früh wie möglich um einen Nachteilsausgleich kümmern, damit ihr Kind möglichst schnell Unterstützung erfährt.
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Interview mit Psychologin Christiane Fügemann zum Thema Nachteilsausgleich
Wie beantragst du einen Nachteilsausgleich?
Du kannst jederzeit einen Antrag auf Nachteilsausgleich stellen, wenn du bemerkst, dass dein Kind durch seine Einschränkungen Schwierigkeiten hat, in der Schule erfolgreich zu sein. Es empfiehlt sich, den Antrag so früh wie möglich zu stellen, um schnell Unterstützung zu erhalten. Der Antrag kann in der Regel formlos bei der Schulleitung oder einer sozialpädagogischen Fachkraft eingereicht werden. Ein Beispiel für einen Antrag könnte sein: “Ich beantrage für mein Kind XY einen Nachteilsausgleich. Anbei finden Sie die entsprechenden Atteste/Gutachten der Fachärzt:innen.”
Wo kann man einen Nachteilsausgleich beantragen?
Den Nachteilsausgleich können Familien bei der Schule beantragen, an der ihr Kind angemeldet ist. Meist wird der Antrag von der Schulleitung oder einer sozialpädagogischen Fachkraft bearbeitet. Ein Nachteilsausgleich kann bundeslandabhängig auch unabhängig von einem Antrag durch die Eltern gewährt werden.
Unterschiede zwischen Nachteilsausgleich und Notenschutz
Es ist wichtig, zwischen einem Nachteilsausgleich und einer Modifizierung der Leistungsbewertung (Notenschutz) zu unterscheiden. Während der Nachteilsausgleich darauf abzielt, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen, handelt es sich beim Notenschutz um Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung, wie z.B. die Aussetzung der Benotung von Teilleistungen. Diese Maßnahmen müssen separat beantragt werden, können aber gemeinsam mit dem Nachteilsausgleich in der Schule vorgetragen werden.
Welche Formen eines Nachteilsausgleiches gibt es?
Nachteilsausgleiche können in verschiedenen Formen gewährt werden, darunter zeitliche, technische, räumliche und personelle Maßnahmen:
Zeitlichen Maßnahmen
Hierzu zählt vor allem die Zeitzugabe, bei der dein Kind mehr Zeit für Arbeiten, Pausen oder Vorbereitung gewährt wird.
Technischen Maßnahmen
Dazu gehören Hilfsmittel wie Lesegeräte, Diktiergeräte, das Nutzen eines Laptops oder Tablets als Schreibhilfe, die Vergrößerung von Materialien oder Greifhilfen.
Räumliche Maßnahmen
Diese umfassen eine besondere Arbeitsplatzorganisation, Maßnahmen zur Vermeidung von Blendeffekten, spezielle Sitzplätze (z.B. frontal zur Tafel) oder Schalldämmung im Raum.
Personellen Maßnahmen
Hierzu zählen Unterstützungen durch Schulassistenzen (Schulbegleiter), Gebärdendolmetscher:innen oder Patenschaften.
Wird der Nachteilsausgleich auf dem Zeugnis vermerkt?
Nein, ein Nachteilsausgleich wird nicht auf dem Zeugnis vermerkt. Was vermerkt wird ist, wenn von den Grundsätzen der Leistungsbewertung abgewichen wird. Dies erscheint dann im Zeugnis unter “Bemerkungen”.
Gibt es bundeslandspezifische Besonderheiten beim Nachteilsausgleich?
Ja, es gibt Unterschiede in der Handhabung des Nachteilsausgleichs je nach Bundesland. In einigen Bundesländern kann der Nachteilsausgleich unabhängig von einem Antrag durch die Eltern gewährt werden, während in anderen Bundesländern ein förmlicher Antrag erforderlich ist. Zudem können die genauen Maßnahmen und Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleich variieren. Es ist daher wichtig, sich über die spezifischen Regelungen in deinem Bundesland zu informieren und gegebenenfalls das Gespräch mit der Schulleitung oder einer sozialpädagogischen Fachkraft zu suchen.
Was gibt es sonst noch zu beachten?
Es ist wichtig zu wissen, dass ein Nachteilsausgleich in zentralen Abschlussprüfungen nur dann gewährt werden kann, wenn er bereits in den Vorjahren in der Schulakte dokumentiert wurde.
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